CVer aus Erkrath und Düsseldorf in Hannover und auf dem Frisenhaus
Von Heinz-Peter Wohlmann
- 8 Minuten - 1599 WörterIm Juni diesen Jahres war es soweit: Die wegen Corona 2021 ausgefallene Mehrtagesfahrt des CV-Zirkels Erkrath konnte jetzt endlich durchgeführt werden. Die Geschichte der Mehrtagesfahrten hatte beim CV-Zirkel Erkrath vor 26 Jahren begonnen. Damals war eine gewisse Müdigkeit zu verzeichnen gewesen, denn allein Stammtische (ohne Damen!), gelegentliche Museumsbesuche und der alljährlich stattfindende große CV-Ball im benachbarten Düsseldorfer Hilton waren zur Routine geworden. Da entstand der Gedanke doch mal am Wochenende eine Fahrt mit Übernachtung zu einem interessanten Ziel zu unternehmen. Ein Organisator war auch schnell gefunden und so ging die erste Mehrtagesfahrt des CV-Zirkels Erkrath in den deutschsprachigen Teil Belgiens, nach Eupen und Umgebung. Damals war auch noch die Venn-Bahn als Museumsbahn in Betrieb, mit der die Gruppe von 16 CVern mit ihren Ehefrauen am Sonntag eine Fahrt unternahmen. Das Echo auf diese Art Veranstaltung war überwältigend und man beschloss jedes Jahr eine solche Fahrt zu unternehmen. Dabei wurde von Anfang an darauf gesehen, dass jedes Zirkelmitglied einmal eine solche Fahrt organisieren sollte, damit nicht stets die gleichen Personen mit der Vorbereitung und Durchführung dieser Fahrten belastet werden. Das Verfahren hat auch den Vorteil, dass jeder der Teilnehmer weiß, wieviel Arbeit mit der Planung und Realisierung einer solchen Veranstaltung verbunden ist.
Im Laufe der Jahre wurde aus der 2-Tagesfahrt eine 3-Tagesfahrt (Freitag bis Sonntag) und 2006 gab es die erste 4-Tagesfahrt, begünstigt dadurch, dass der Tag der Deutschen Einheit auf einen Dienstag fiel. Zugleich ging diese Fahrt sogar nach Nizza, da dort ein Cartellbruder aus Erkrath, der kurz zuvor pensioniert worden war, sein neues Domizil aufgeschlagen hatte. Leider konnten sich nur wenige jüngere Cartellbrüder für diese Veranstaltungen, wie auch insgesamt für die aktive Teilnahme am Leben des CV-Zirkels Erkrath entscheiden. Offensichtlich liegen die Prioritäten bei diesen Cartellbrüdern inklusive ihrer Familien in anderen Bereichen des täglichen Lebens.
In den letzten Jahren haben sich die Kontakte zum benachbarten Düsseldorfer CV-Zirkel (offizieller Name: Vereinigung Alter CVer Düsseldorf) verdichtet. Einige Mitglieder des CV-Zirkels Erkrath sind zugleich Mitglieder im Düsseldorfer Zirkel und die wichtigen Personen haben ein gutes Verhältnis zueinander. So haben wir Erkrather CVer bereits an den Fahrten der Düsseldorfer CVer nach Rotterdam (2018) und im letzten Jahr nach Bamberg teilgenommen.
Dieses Jahr also Hannover. Im Erkrather CV war man weniger kritisch als bei den eigenen Bundesbrüdern. Im Gespräch auf der Hegge im vergangenen Oktober wurde ich gefragt, was ich denn in Hannover zeigen wolle und dann auch noch 3 Tage für den Aufenthalt vorgesehen hätte. Das zeigt, dass unsere jungen Bundesbrüder ihren Studienort wenig kennen.
Schließlich musste ein für alle möglichen Teilnehmer geeigneter Termin gefunden und das Programm geplant werden. Vieles geht heute zum Glück per Internet und Telefon und die Touristeninformationen der Städte sind eine große Hilfe bei der Vermittlung von Führungen. Dennoch erwies sich eine Besichtigung vor Ort als zweckmäßig, die Anfang Mai erfolgte.
Schließlich ging es am 14. Juni 2023 los. Um 11 Uhr trafen wir uns – immerhin 22 Personen - auf dem Weg nach Hannover an der Porta Westfalica, dem Denkmal, das jeder Reisende sieht – sei es von der Autobahn oder vom Zuge aus. Ein Führer erläuterte uns die Entstehungsgeschichte dieses Denkmals, das Kaiser Wilhelm I. gewidmet ist und die Einigung des Deutschen Reiches als Folge des Deutsch-Französischen Krieges in Person dieses Kaisers feiert. Nach dem Mittagessen ging es weiter nach Hannover, wo wir für drei Nächte im Hotel Mercure am Neuen Rathaus eincheckten.
Eine Führung im Neuen Rathaus erläuterte uns an den vier Stadtmodellen die Entwicklungsgeschichte von Hannover und die Einzelheiten des prächtigen Gebäudes, das 1913 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht wurde. Anschließend ging es mit dem Kuppelaufzug auf die Aufzugsplattform auf der Rathauskuppel. Bei schönem Wetter konnten alle Teilnehmer einen tollen Rundblick über Hannover genießen. Ein festliches Menu im Mercure schloss den ersten Tag ab.
Der zweite Tag war der Besichtigung Hannovers gewidmet. Eine Stadtrundfahrt am Vormittag führte uns durch die verschiedenen Stadtteile, u.a. auch zum Messegelände, auf dem 2000 die EXPO stattfand. Unsere sehr sachkundige Führerin erläuterte uns die Entwicklungen in den Stadtteilen, den Sitz verschiedener bekannter Firmen (Pelikan, Geha, Deutsche Grammophon, Bahlsen) und wichtige Baudenkmäler entlang der Route. Ebenso wies sie darauf hin, dass Hannovers Geschicke eng mit denen des Geschlechts der Welfen verbunden sind. Die Welfen gehören zu den ältesten noch existierenden Hochadelsgeschlechtern Europas. Durch verschiedene Umstände kam Georg Ludwig aus dem Haus der Welfen als Georg I.im Jahr 1714 auf den englischen Thron. Georg war von da an in Personalunion Kurfürst von Hannover und englischer König. Es folgten fünf weitere Generationen, jeder von ihnen trug Georg im Namen. Nach dem Sieg über Napoleon 1814 wurde Hannover zum eigenständigen Königreich erklärt. Im Jahre 1837 endete die Personalunion nach 123 Jahren, als Victoria den englischen Thron bestieg. In Hannover nämlich durfte sie als Frau nicht Königin werden, dort durften nur männliche Nachkommen herrschen.
Nach dem Mittagessen am Leineufer gingen wir auf die andere Seite der Leine und besichtigten die Propsteikirche Basilika St. Clemens, die Haupt- und Mutterkirche der Katholiken in der Region Hannover. Da kein Kirchenführer zur Verfügung stand, musste ich selbst ein paar Erläuterungen geben. Die Kirche wurde als erstes katholisches Gotteshaus in Hannover nach der Reformation 1718 außerhalb der Altstadt, jenseits der Leine in der Calenberger Neustadt geweiht und ist die nördlichste Kirche in Europa im venezianischen Barockstil. Im Oktober 1943 wurde sie zerstört und nach dem Krieg 1957 wieder eingeweiht. Dabei wurde auch erstmals die Kuppel errichtet, für die 1718 kein Geld mehr zur Verfügung stand.
Danach trafen wir unsere Stadtführerin wieder, die uns durch die Altstadt führte und mit sachkundigen Hinweisen und Anekdoten den Kern der Stadt Hannover rund um die Marktkirche erläuterte. Ein Abend in Meiers Lebenslust beendete den zweiten, ereignisreichen Tag unserer Reise.
Am dritten Tag ging es mit der Üstra vom Aegi bis zur Leibniz-Universität. Im Hauptgebäude besichtigten wir den Lichthof, in dem bei der Cartellversammlung 1963 der Festakt stattfand. Danach wanderten wir ein Stück durch den Welfengarten und den Georgengarten zum Frisenhaus, wo wir freundlich von unserem HOM und zwei Füchsen empfangen wurden. Cbr. Busch vom Vorortskomitee für die Cartellversammlung 2025, der für diesen Besuch ebenfalls sein Kommen zugesagt hatte, erklärte uns in seinem Vortrag, was man zusätzlich zu den üblichen Veranstaltungen einer Cartellversammlung plant: Es wird ein Symposion über künstliche Intelligenz geben mit der spannenden Frage der Moral, mit anderen Worten: Was können wir als Katholiken, was kann die Kirche tun, damit diese Sache nicht hoffnungslos aus dem Ruder läuft?
Da der Koch, der sonst regelmäßig einmal pro Woche für die Aktivitas auf dem Haus kocht, nicht zur Verfügung stand, hatte die Aktivitas eine leckere Gyrossuppe gekocht, die allen Teilnehmern sehr gut geschmeckt hat. Von den Damen wurde umgehend das Rezept angefordert und inzwischen auch weitergeleitet.
Leider drängte nach dem Essen schon wieder die Zeit, sonst hätten wir gern noch länger bei schönem Wetter im Garten gesessen. Mit der Üstra ging es dann noch weiter zu den Herrenhäuser Gärten, wo uns im Museum des wiederaufgebauten Schlosses Herrenhausen eine weitere Führung erwartete. Dort wurde uns noch einmal die komplizierte Geschichte mit den vielen Georgs und Ernst Augusts und der Personalunion mit dem britischen Königsthron erläutert, aber auch das höfische Leben und das Leben der Bevölkerung in diesen Zeiten. Individuelle Rundgänge durch den Herrenhäuser Garten, den Berggarten und die Besichtigung der Grotte von Niki de Saint Phalle schlossen das Besichtigungsprogramm an diesem Tag ab. Zurück zum Hotel am Aegi ging es wieder mit der schnellen Stadtbahn der Üstra. Der Tag endete in Block Haus am Aegi, so dass es nicht weit zum Hotel war.
Das Resümee aller Teilnehmer, von denen die meisten Hannover nicht oder nur vom kurzen Besuch der Messe kannten, an diesem Abend lautete: Hannover ist eine der unterschätzten Großstädte Deutschlands hinsichtlich Kultur, Geschichte, Gebäuden, Landschaft und Verkehr.
Am letzten Tag unserer 4-Tages-Tour ging es nach Hildesheim. Dort erläuterte ein Cartellbruder aus Düsseldorf, dessen Hobby alte Kirchen sind, unserer Gruppe die Geschichte des Heiligen Bernward und die Besonderheiten der von ihm von 1010 bis 1030 erbauten Kirche St. Michael sowie ein paar Details der berühmten bemalten Holzdecke. Am Marktplatz übernahm eine charmante Stadtführerin das Zepter. Sie erläuterte das berühmte Knochenhauer-Haus, das als schönstes Fachwerkhaus der Welt gilt, welches im Krieg völlig zerstört wurde. Es musste komplett, außen wie innen, rekonstruiert werden. Erst 1989 war der Aufbau beendet. Danach ging es zum Dom, der zusammen mit der Michaeliskirche zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Zu den einzigartigen Kunstwerken dort gehört ein 4 Meter hohes Bronzeportal mit sehr lebendigen plastischen Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament und eine Bronzesäule mit Reliefs aus dem Leben Jesu. Beides wurde kurz nach dem Jahr 1000 noch zu Lebzeiten des Heiligen Bernward geschaffen. Für mich wurde in diesem Augenblick deutlich, dass auch der erste Vorläufer der Aktivitas nach dem 2. Weltkrieg sich auf den hl. Bernward berufen hat und sich Bernwardkreis genannt hat.
Das Schloss Marienburg war das letzte Ziel unseres Ausflugs. Für manche ist es das Neuschwanstein des Nordens. Der letzte Hannoveraner König Georg V. - er war damals schon seit langem blind - hatte es im Jahr 1857 seiner Frau Marie geschenkt. Beim Rundgang durch die prächtigen Innenräume konnte man nachfühlen, wie die beiden mit ihren Kindern und den vielen Bediensteten dort lebten.
Nach einer Jause mit Kaffee und Kuchen im Schlosshof hieß es Abschied voneinander nehmen. Damit waren die vier Tage im Kreise der Cartellbrüder schon wieder zu Ende. Ich selbst habe mich gefreut, dass ich diesem Kreis die Stadt Hannover, die Universität und unsere Frisia näherbringen konnte, die vor 60 Jahren mit Beginn meines Studiums Teil meines Lebens geworden sind. Vielleicht trägt diese Fahrt auch dazu bei, in Kreisen des Cartellverbandes Hannover als tolle Studienstadt wahrzunehmen und die Cartellversammlung 2025 in die individuelle Planung aufzunehmen.